Die Päpstin - Fakt oder Fantasie?

Wir haben demnächst in der Bibliothek einen Vortrag mit dem obigen Titel. Sie wollen dabei zeigen, wie “korrekt” die Autorin Donna W Cross in ihrem Roman recherchiert hat.

Ich denke, jeder der das Buch gelesen hat, landete danach auf Google, um das Thema nachzulesen. Aber was denkt ihr? Fakt oder Fiktion? Theorie oder Verschwörungstheorie? Habt ihr vielleicht andere Bücher dazu gelesen?

Ich freue mich auf eine angeregte Diskussion :blush:

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Ich glaube, es ist eine Legende. Für unmöglich halte ich es nicht. Bei den Frauenrechten, die es damals gab, haben sich sicher etliche Frauen als Männer ausgegeben. Und bestimmt auch unwissentlich höhere Ämter bekleidet.

Aber in diesem Fall sprechen die Fakten dann ja doch eher dagegen. Die erste Aufzeichnung entstand erst 400 Jahre später und alle anderen berufen sich auf genau diese. Dann müsste ja 400 Jahre nichts darüber geschrieben worden sein.

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Ich habe den Roman nicht gelesen, sondern nur als Hörspiel gehört, und das schon vor fast zehn Jahren, so dass nicht besonders viel hängen geblieben ist.
Kritik dagegen habe ich ebenfalls recht viel aufgeschnappt, so dass ich doch recht skeptisch eingestellt bin.

Insbesondere ist hängen geblieben, dass die Ausgangslage, die Cross hier beschreibt, so gar nicht gegeben war. Zur Zeit der möglichen Päpstin war Bildung den Frauen keinesfalls vorenthalten, stattdessen waren es eben überwiegend die Frauen, die lesen konnten. Die schlechte Lage der Frauen trifft dann eher aufs Spätmittelalter zu.

Ob es jemals eine Frau auf dem Papststuhl gegeben hat? Ich halte es nicht für unmöglich. Aber ganz sicher wird es nicht eine Frau mit dieser Vorgeschichte gewesen sein.

Eine Theorie, die ich mal gelesen habe, ist, dass Frauen wie Marozia, die als Mätressen extrem Einfluss auf ihre Päpste hatten, für die Legendenbildung verantwortlich sein könnten…

Dann lösch ihn doch einfach: Auf die drei Punkte neben dem Antworten-Button klicken und den Mülleimer auswählen.

Wohl teilweise auch die Mütter der oft doch noch recht jungen Päpste. Das ist ja auch eine Theorie. Oder Johannes der weißnichtwievielte, der so ein “weicher” Mann gewesen sein soll, dass er als weibisch galt. Könnte wohl auch ne Möglichkeit sein, wie das Gerücht zu Stande kam…

Welche Vorgeschichte meinst du denn? Kann mich auch leider nimmer so richtig erinnern. :flushed:

Das Buch kenne ich nicht, ich habe den Film mal gesehen.
Ob man wirklich alles haargenau nachforschen und rechechieren kann, bezweifle ich. Zeiten, die sooo lange zurückliegen, sind zweifellos interssant, aber man kann doch vieles nur vermuten und erahnen wie es war.
Aber- ich denke - das es durchaus so hätte sein können. Bestimmt haben sich einige Frauen als Männer verkleidet, weil sie höheres anstrebtend als hausfrau und Mutter zu sein.

Ich glaube, das ist auch die Faszination. Man kann die historischen Quellen recherchieren, aber den Schluss muss dann jeder selbst draus ziehen, wie authentisch man die Quellen einstuft.

Ich hatte mal eine Mediävistik-Vorelsung zu dem Thema und hab mal nach meinen Unterlagen geschaut :wink: Ich hab sie auch tatsächlich gefunden, mir in der Sitzung aber leider nur notiert, dass es in der Zeit tatsächlich eine Lücke in der Papstreihenfolge gibt :smiley: Ich kann mich noch recht gut an den Vortrag erinnern und dass ich ihn sehr spannend und gehaltvoll fand, weshalb ich ihn wahrscheinlich auch nicht näher aufgeschrieben hab…Aber die Dozentin hat einige DInge aufgezeigt, die so tatsächlich stattgefunden haben können! Aber sicher kann man sich darüber wahrscheinlich wirklich nicht sein

Ich tendiere ebenfalls zu der Ansicht, dass es sich hier um eine Fiktion handelt.

Ich könnte mir zwar durchaus vorstellen, dass es immer wieder mal einer Frau gelungen ist, sich als Mann auszugeben und dadurch in eigentlich für Frauen unerreichbare Positionen aufzusteigen (wenn auch sicher nicht so oft wie in vielen Roman suggeriert), aber dass es einer wirklich gelang, Papst zu werden, ist doch zu weit hergeholt und dafür gibt es soviel ich weiß auch keine handfesten Belege. Nur ein paar Indizien und vor allem viele Gerüchte, die wohl gerade deshalb entstanden sind, weil das eine so unwahrscheinliche Sache wäre.

Das Thema an sich finde ich aber dennoch sehr interessant. Berichte dann doch mal, was in diesem Vortrag erzählt wurde :slight_smile:

Aber hing das nicht auch von der Gesellschaftsschicht ab?
Dass es unter den Adeligen überwiegend die Frauen waren, die gelesen haben (während viele männliche Könige mehr oder weniger Analphabeten waren), ist sicher richtig.
Aber Johanna soll in einem Bauerndorf aufgewachsen sein. Ihr Vater war zwar Gemeindepfarrer, dürfte als solcher aber auch eher am unteren Ende der kirchlichen Hierarchie gestanden sein.
In diesem Milieu dürfte kaum jemand lesen gelernt haben - erst recht nicht, wenn der Vater dagegen war.

wenn ich es zu dem Vortrag schaffe, werde ich berichten :slight_smile:

Ich meinte damit, dass es sich, falls es jemals eine Päpstin gegeben haben sollte, wohl nicht um eine Frau handelt, die sich als Mann verkleidet, weil sie wissensdurstig ist und ihr als Frau der Zugang zu Bildung verwehrt war.

Es mag ja sein, dass es vor allem adelige Frauen waren, die lesen konnten, aber es wird auch anderen Frauen wohl kaum regelrecht verboten gewesen sein, zumindest nicht zu dieser Zeit.

Wie gesagt habe ich das Buch selbst nie gelesen, sondern nur vor einer halben Ewigkeit die Hörspielfassung gehört (noch nicht einmal das Hörbuch), und da ist nicht viel hängen geblieben. Aber aufgrund dieser Diskussion habe ich mir das Buch jetzt doch einmal vorgenommen, bin allerdings noch nicht wirklich weit.

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Verboten war es ihnen sicher nicht.
Aber wer hätte es sie lehren sollen, wenn sie fast ausschließlich von Analphabeten umgeben waren? Und woher hätten sie Bücher gehabt, die vor der Erfindung des Buchdrucks für Normalbürger kaum erschwinglich waren?

Danke, das wird sicher interessant :wink:

Bei amazon gibt es das eBook “Die Päpstin” übrigens gerade verbilligt um 1,99.

Aufgrund dieses Threads hier habe ich mir Die Päpstin mal vorgenommen, bin aber erst bei etwa einem Drittel.

Bisher sind mir ein paar Dinge aufgefallen, die so doch sehr unwahrscheinlich sind:

Das Jahr 814 war bestimmt nicht das kälteste Jahr seit Menschengedenken, sondern lag kurz vor der mittelalterlichen Warmzeit und war somit eher wärmer als kälter im Vergleich zu den Vorjahren. Vielleicht war die Forschung vor 20 Jahren noch nicht so weit, auch ist das eher eine Nebensächlichkeit, aber irritiert hat es mich trotzdem.

Der “Hexenprozess”: Abgesehen davon, dass es zu dieser Zeit noch keine Verurteilung von Hexen als Hexen, sondern höchstens als Ketzer gab, sollten gerade Kleriker wie Johannas Vater davon ausgegangen sein, dass es keine Hexen gibt. Der Hexenglaube wurde von den Landesherren, nicht zuletzt ganz kurz zuvor Kaiser Karl selbst, als unsinnig abgetan. Außerdem bezweifle ich, dass ein Prozess so hätte stattfinden können, da wurde ja nicht einmal kurz nachgehakt.

Dann die Sache mit der Bildung: Wie ich schon sagte, waren es bis ins Hochmittelalter vor allem Frauen, die eine Ausbildung in Rhetorik, antiken Sprachen etc. bekommen haben, während Männer dagegen eher in Waffen ausgebildet wurden. Gut, das betrifft eher den Adel, aber dennoch war eine lesende Frau nicht zwingend völlig ungewöhnlich. Johannas Vater, der Dorfpfarrer, tut aber so, als wäre eine gebildete Frau eine Ausgeburt Satans und würde Gottes Zorn auf sich ziehen. Das passt eher in die Glaubenswelt der frühen Neuzeit.

Die Rolle des Glaubens: Als Tochter des Pfarrers und als Mensch ihrer Zeit hätte der christliche Glaube fest in Johanna verwurzelt sein müssen. Vielleicht hätte es einen kleinen Konflikt mit den Erzählungen der Mutter gegeben, aber Glaubenshandlungen wie Beten, die Beichte etc. gehörten damals eigentlich zum Tagesablauf. Dass Johanna hier schon in jungen Jahren irgendwo zwischen Heidin und Agnostikerin steht, ist für mich schon irgendwie unvorstellbar.

Das hat alles wenig mit der Frage zu tun, ob es eine Päpstin gegeben haben könnte, sondern nur damit, wie Donna W. Cross die Kindheit ihrer fiktiven Figur darstellt und ein Motiv entwickelt, warum eine Frau überhaupt auf den Papstthron will.

Ich muss gestehen, dass ich sehr voreingenommen an dieses Buch herangegangen bin und auch ein wenig nach möglichen Unstimmigkeiten gesucht habe. So richtig schlecht finde ich es bisher nicht, und unspannend ist es auch nicht.

Trotzdem wundert es mich, dass gerade dieses Buch zu den erfolgreichsten historischen Romanen gehört. Neben Die Säulen der Erde und Der Medicus ist es das dritte international bekannte Buch aus diesem Genre, das man eigentlich gelesen haben sollte.

Bei der Beliebtheit von historischen Romanen steht ja leider generell nicht unbedingt die historische Genauigkeit im Vordergrund.

Den einen oder anderen Fehler kann man ja noch ignorieren. Aber wenn sich das so häuft, dann müsste das doch mehr Leuten auffallen. Bei Amazon loben aber so viele Leute die “gute Recherche”, dass das an Sich schon ein Witz ist. Da müssten eigentlich viel mehr Leute sehen, dass es zwar ein netter Unterhaltungsroman ist, aber mit Historie und guter Recherche wenig zu tun hat.
Ich bin jetzt bei ca. 2/3 des Buches, aktuell sieht es nach einer knapp unterdurchschnittlichen Bewertung aus: Zwar unterhaltsam, aber sehr vorhersehbar, stereotype Charaktere, und eben die miserable Recherche, die dafür sorgt, dass die Ausgangslage eigentlich gar nicht gegeben war…

Dass man sich auf diese Aussage in Rezensionen nicht verlassen kann, ist mir schon öfters aufgefallen :unamused:
Ich kann das auch nicht wirklich verstehen. Wenn man ein Buch loben will, müssten sich doch genügend wirklich zutreffende Argumente finden.