Preisgekrönt und ausgezeichnet

Okay, tut mir Leid, dass ich da etwas rausgelesen habe, was du gar nicht gemeint hast.

Ich werf dir gar nichts vor, den Eindruck wollte ich jetzt auf keinen Fall erwecken :open_mouth: Ich habe nur versucht zu erklären, warum ich weder auf die Preisträger noch auf die Nominierungen was gebe :wink: Die Diskussion ist ja durchaus berechtigt, und mich interessiert selbst auch, inwieweit sich ganz “normal” buchverrückte Menschen überhaupt damit befassen.

Also beispielsweise beim Literaturnobelpreis findet man so was gar nicht. Es gibt auf Wikipedia eine ellenlange Erklärung, wie das Nobelkomitee zu den Vorschlägen kommt: letztendlich dürfen ein paar hundert ausgewählte Menschen, die beruflich mehr oder weniger mit Literatur zu tun haben, bei der schwedischen Akademie Vorschläge einreichen, die trifft aus all diesen Vorschlägen eine weitere Auswahl und das geht dann ans Komitee. Aber es ist ja schon komplett undurchsichtig, nach welchen Kriterien die paar hundert Vorschlaggeber überhaupt ausgewählt werden, und erst recht, nach welchen Kriterien die nun wieder ihre Vorschläge aussuchen.

Also da geht’s mir irgendwie anders, weil ich eben finde, die Bestsellerliste spiegelt wenigstens wider, was wirklich gelesen wird (ich hab’s jetzt nicht überprüft, aber ich behaupte einfach mal ganz mutig, dass kaum je ein Literaturnobelpreisbuch vor oder nach der Preisverleihung auf einer Bestsellerliste aufgetaucht ist, weil sich plötzlich alle Welt dafür interessiert hat. Ausnahmen bestätigen vermutlich wie immer die Regel :wink: ) - ich persönlich muss die Bücher weder lesen noch mögen, aber diese Listen zeigen zumindest, welche Themen die Menschen gerade so bewegen. Und da hat auch 50 Shades durchaus seine Daseinsberechtigung (oder Feuchtgebiete, oder damals die Bohlen-Biografie), auch wenn das jetzt nicht unbedingt meinen Geschmack trifft. Wenn’s einen richtigen Hype um ein Buch gibt, und auf einmal alle Welt davon redet, bringt mich das eher dazu, dieses Buch zu lesen (einfach um mir eine Meinung zu bilden und mitreden zu können), als es eben jetzt bei Buchpreislisten der Fall ist.

Inwiefern findest du denn die Short- und Longlists informativ? Entdeckst du darauf Titel oder Autoren, von denen du schon mal gehört hast? Ich fände die jetzt z. B. informativer, wenn dabeistünde, warum gerade dieses Buch auf der Liste gelandet ist, aber das erfährt man ja gar nicht.

Die beiden Punkte möchte ich mal zusammenfassen:

Also zum einen denke ich, dass die objektive Beurteilung von Literatur (oder jedem anderen künstlerischen, kreativen Produkt wie Gemälden, Skulpturen, Musikstücken oder auch Filmen usw.) tatsächlich nicht möglich ist, weil wir unseren Geschmack eben nicht ausschalten können, nicht mal Experten können das. Wenn fünf Leute dasselbe Bild ansehen / Buch lesen / usw., werden nie alle sagen: “Wow, ich bin begeistert!” oder “Welch ein Schrott!” Es wird die extremen Meinungen geben, aber auch abgestufte dazwischen - und wenn ein Expertenkreis irgendwas beurteilt, ist das Ergebnis in der Regel auch nicht einstimmig.
Ich fühle mich von einem Preis nicht bevormundet, aber ich denke, dass da in der Regel eine Branche sich selbst feiert, und da halt alle möglichen Maßstäbe angelegt werden, aber das gekürte Buch dabei leider am wenigsten ins Gewicht fällt. Ist so ähnlich wie bei den Oscars, da ist halt irgendwann “jeder” mal dran, und wenn’s zu guter Letzt dann der Oscar für das Lebenswerk ist :wink: Bei den ganzen Buchpreisen (insbesondere beim Literaturnobelpreis oder dem deutschen Buchpreis) hab ich eher das Gefühl, dass da Schriftsteller, bei denen der kommerzielle Erfolg ausbleibt, wenigstens mal einen Preis nach Hause schleppen dürfen :wink: Das klingt jetzt vielleicht zynisch, aber ich habe wirklich schon so viele Reinfälle mit gekürten Büchern erlebt, dass mich das inzwischen eher abschreckt als anzieht.

Trotzdem habe ich natürlich auch solche Bücher im Regal oder auf dem SuB, z. B. Wölfe und Falken von Hilary Mantel. Aber nicht, weil sie dafür den Booker-Preis bekommen hat, sondern weil ich sehr gerne historische Romane lese, und bevorzugt welche, die in England spielen. Ich hätte mir die Bücher also auch todsicher zugelegt, wenn sie keine Auszeichnung bekommen hätten :wink:

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Lustig, denn gerade mit den Büchern die auf der Man Booker Liste (short list) stehen, habe ich die Erfahrung gemacht, dass die stinklangweilig sind.
Ich habe das eine oder andere Buch davon gelesen, oder abgebrochen. Ausgesucht hatte ich sie, weil sie interessant klangen, aber inzwischen mache ich einen weiten Bogen um Bücher, die es auf die Man Booker Liste geschafft haben.
Bei anderen Preisen sieht es anders aus, zum Beispiel habe ich Omni gelesen und geliebt, und das hat kürzlich den Kurd Laßwitz Preis bekommen.
Man kann also diese Listen (je nach eigenem Erfahrungswert) durchaus als NEGATIV Listen benutzen. :smiley:

Ich zitiere jetzt mal nicht jeden Abschnitt und versuche, möglichst trotzdem alles zu beantworten. Sorry, falls ich irgendwas übersehen habe.

Ja, ich entdecke da durchaus Titel, von denen ich auch schon mal gehört hab. Nehmen wir jetzt z.B. mal den Pulitzer Preis. Da hat dieses Jahr “The Underground Railroad” gewonnen, in den letzten Jahren u.a. “All The Light We Cannot See”, “The Goldfinch”, “The Road” oder “Middlesex”. Ja, die Begründungen beim Pulitzer sind jetzt nicht ellenlang, aber dann (jedenfalls für mich) doch aussagekräftiger was das Buch selbst angeht, als eine große Leserschaft.

Dann gibt’s z.B. noch den Baileys Women’s Prize for Fiction, den ich interessant finde - da werden auch jedes Jahr dann Statements zu den Gewinnern rausgegeben. Oder den Nebula Award für Sci-Fi und Fantasy, den ich v.a. deshalb auch spannend finde, weil relativ wenig aus diesem Genre in den Bestsellerlisten zu finden ist. Auch da sind die Gewinner aber nicht völlig unbekannt, siehe Charlie Jane Anders, Naomi Novik, Jeff VanderMeer, Ann Leckie, Ursula K. Le Guin, Neil Gaiman, Margaret Atwood, etc. Und wenn dann mal jemand dabei ist, den man nicht kennt, ist es umso spannender. Vielleicht entdeckt man was Tolles. Und gerade der Nebula Award zeigt ja, dass eine Jury nicht immer aus denselben Leuten besteht bzw. so ein Preis nicht immer nur Selbstbeweihräucherung von irgendwelchen Literaturkritikern ist.

Also Leserpreise sind demnach für mich natürlich auch Preise. Der Hugo Award zum Beispiel. Und das bedeutet dann ja auch zwangsläufig, dass es sich um Bücher handelt, die tatsächlich gelesen werden.

Also natürlich gibt es keine Entscheidungskriterien, die zweifelsfrei die Qualität von Kunst messen. Aber es gibt (zumindest meiner Meinung nach) trotzdem durchaus Kriterien, die manche Werke z.B technisch besser machen als andere. Wenn Kunst, egal ob Buch, Film, Musik oder Gemälde kein Handwerk wäre, das man beherrschen muss, dann könnte schließlich jeder extrem erfolgreich damit werden. Auch zum Schreiben gehört eben einfach mehr dazu, als sich eine gute Geschichte auszudenken (und selbst das ist sehr, sehr schwer und viel Arbeit). Klar, das macht den Hauptteil aus, aber erst durch die Fähigkeiten, diese Geschichte dann eben auch gut aufs Papier oder auf die Leinwand zu bringen, macht aus einer guten Geschichte ein tolles Kunstwerk. Jeder gute Kritiker wird daher auch ein tolles Gesamtwerk als solches anerkennen können, selbst wenn es nicht so ganz sein Geschmack ist.

Das man das im Alltag nicht machen muss bzw. sich damit beschäftigen möchte, ist völlig klar und in Ordnung. Jeder kann so konsumieren, wie er möchte und das ist weder besser noch schlechter auf die eine oder andere Weise. Ich glaube einfach, dass denjenigen, die sich einfach nur Bücher aussuchen, die sie auf den ersten Blick ansprechen, etwas verpassen - genau so aber wie die Leute, die nur Dinge konsumieren, die nicht massentauglich oder wahnsinnig anstrengend, philosophisch und kompliziert sind oder so.

Ich glaaaube, dass das aber tatsächlich eher deine Wahrnehmung ist. :smile_cat: Also ich kenne jetzt natürlich auch nicht alle Literaturnobelpreisträger, aber meine Nachbarin wird da auch keinen Preis bekommen. Gerade Kazuo Ishiguro, Alice Munro oder Herta Müller sind aber durchaus bekannt - was ich auch wieder sehr spannend finde: Man “kennt” eben typischerweise nur Autoren aus GB, USA, Kanada (und manchmal Deutschland). Das ist ein ganz krasser Bias, den ich (zumindest bei mir) sehr, sehr schade finde. Und gerade, dass solche Preise einem bewusst machen, wie wenig Vielfalt man in seinen Konsumgewohnheiten hat - wie wenig Bücher ich also auch mal von französischen, türkischen, italienischen, tschechischen AutorInnen usw. usf. lese - finde ich sehr wertvoll. Natürlich muss man solche Preise - gerade solchen großen Preise - auch immer etwas kritisch sehen, weil die natürlich auch biased sein können. Aber spannend ist so ein Blick über den Tellerrand allemal.

Ich habe eine besondere Affinitiät zum Deutschen Buchpreis.

Nirgends - außer im Young Adult Bereich - habe ich größeren Schund gefunden als da.

Also von den “Pulitzer-Büchern” kenn ich jetzt tatsächlich nur Underground Railroad (dem Titel nach zumindest, gelesen hab ich es noch nicht), weil das vor einiger Zeit bei Vorablesen verlost wurde.

Die anderen von dir genannten Preise sagen mir zum Teil gar nichts, muss ich zugeben :blush: - da sieht man schon, dass ich da nicht unbedingt das große Interesse dran habe. Diesen, ich nenn es jetzt mal “Spartenpreise”, wie zum Beispiel auch der deutsche Phantastikpreis, stehe ich gar nicht mal unbedingt so skeptisch gegenüber - der Phantastikpreis ist ja beispielweise auch ein Leserpreis, bei dem jeder Interessierte Nominierungen einbringen kann. Aber auch da ist das Interesse nicht so groß, dass ich das regelmäßig oder gezielt verfolgen würde.

Es kommt jetzt glaube ich einerseits darauf an, wie man “erfolgreich” definiert, aber um speziell die Schriftstellerei aufzugreifen: da gibt es ja keinen Ausbildungsberuf oder Studiengang, den man vorweisen muss, um ein Buch veröffentlichen zu können. Und gerade Autoren, die von ihrer Arbeit gut bis sehr gut leben können, haben vorher tatsächlich etwas komplett anderes gemacht. E.L. James hatte irgendeinen Job beim Fernsehen, J.K. Rowling war Lehrerin, Andreas Eschbach irgendwas mit EDV. Die drei sind jetzt von mir völlig willkürlich genannte Beispiele.
Es ist natürlich ein Handwerk und viel harte Arbeit, aber ohne das nötige Talent fürs Erzählen, wird man nie ein gutes, fesselndes Buch schreiben, selbst wenn man technisch noch so perfekt ist. Von daher würde ich schon behaupten, dass da beinahe jeder extrem erfolgreich werden kann, wenn er / sie glückliche Umstände nutzen kann (wenn man bedenkt, dass EL James eigentlich ja “nur” eine Fanfiction geschrieben hat, ist es schon beachtlich, wieviele Bücher sie verkauft hat).

Bei mir persönlich ist das Problem, dass ich mich unheimlich schwer damit tue, Bücher abzubrechen. Sehr oft quäle ich mich wochenlang durch ein Buch, das mir gar nicht gefällt, weil irgendjemand mir das geliehen oder geschenkt hat, und es selber total toll fand. Wenn ich mich dann endlich durchgebissen habe, folgt meistens eine Leseflaute, die im schlimmsten Fall schon mal ein paar Monate angehalten hat :confounded: Inzwischen bin ich da konsequenter und lasse mir keine Bücher mehr “aufschwatzen”, die mich partout nicht interessieren. Mit der Haltung habe ich vor ein paar Wochen meine Schwägerin etwas vor den Kopf gestoßen, weil ich ihre Iny-Lorentz-Sammlung nicht ausleihen wollte, aber ich kann diese Bücher einfach auf den Tod nicht ausstehen. Und meine Schwiegermama, die unbedingt wollte, dass ich Ein ganzes halbes Jahr lese, weil das ihr Lieblingsbuch ist. Ich hab irgendwo mal reingelesen und fand schon die ersten zehn Seiten furchtbar.
Und insofern suche ich mir (inzwischen) tatsächlich nur noch Bücher aus, deren Thema und Leseprobe mich auf den ersten Blick schon anspricht - Lese- und Lebenszeit ist schließlich begrenzt und kostbar :wink:

Klar ist das meine Wahrnehmung :wink: Diskutiert nicht jeder aus seiner persönlichen Wahrnehmung heraus? Ishiguro und Müller kenne ich dem Namen nach, von Alice Munro habe ich auch noch nie gehört. Von Hertha Müller hab ich mir grad mal die Bücherliste angesehen, da interessiert mich todsicher kein einziges :smile:

Für dieses Jahr habe ich zufällig irgendwo die Shortlist gesehen (auf wasliestdu vielleicht? grübel). Ich habe keins der Bücher gelesen und kann es darum nicht beurteilen, aber mich hat auch keins der Bücher angesprochen, insofern wird’s auch dabei bleiben :wink: Welche hast du gelesen?

Wenn ich unterwegs bin schau ich meistens in ein Buchladen um zu sehen was es interessantes gibt, dabei ist mir eigentlich so ziemlich egal ob diese Bücher auf irgendeiner Liste stehen oder wer sie geschrieben hat.
Natürlich habe ich meine Autoren die ich gerne lese, aber wenn mich ein Buch anspricht blättre Ich ein bisschen herum und lese die eine oder andere Stelle. Ist das Buch etwas für mich nehme ich es mit und lese es.
Natürlich kann es dadurch auch zu Fehlkäufen kommen, aber so habe ich auch schon das eine oder andere Buch gefunden was mich fasziniert hat und deren Autor nicht so bekannt war. Wichtig ist für mich nur ob das Buch mir gefällt, egal wer es geschrieben hat oder welches “Genre” es ist.

Grundsätzlich habe ich kein besonderes Interesse an Buchpreisen.
Aber wenn ich auf andere Weise auf ein Buch aufmerksam geworden bin und dann sehe, dass es einen Preis bekommen hat, ist das schon ein zusätzlicher Anreiz.
Hin und wieder lese ich auch zufällig einen Bericht über einen Buchpreis, wo mir dann das eine oder andere Buch ins Auge springt, mit dem ich mich etwas näher auseinandersetzen möchte.

Generell finde ich aber auch, dass man sich nicht zu sehr auf Preise verlassen sollte. Sicher können sie manchmal dazu animieren, über den Tellerrand zu blicken, aber unter dem Strich sind auch Experten wahrscheinlich nicht weniger subjektiv als “normale” Rezensenten.

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Ich glaube nicht, dass ich irgendetwas verpasse. Ich lese im Jahr recht viele Bücher. Mit Hörbüchern bin ich dieses Jahr schon bei mehr als 100 und das ist nicht wenig, wie ich finde. Da waren ganz wenige Enttäuschungen dabei. Und mein SuB ist momentan riesig - der deckt locker drei Jahre ab.

Nein, ich verpasse gar nichts, solange ich nicht von den meisten Büchern enttäuscht werde. Und auch wenn Bücher wie “Ein fauler Gott”, “Und jetzt lass uns tanzen” oder “Pawlowa” keinen Preis abbekommen - ich wurde bereichert und habe jede Zeile genossen.

Letztes Jahr las ich vier: das preisgekrönte Buch von Kirchhoff, das ich als “Des Kaisers neue Kleider 2.0” ein- und abstufte (es war scheußlich banal, scheußlich großkotzig und scheußlich “politisch” in meinen Augen), “Weshalb die Herren Seesterne tragen”, das aus einem mir nicht bekannten Grund überhaupt verlegt wurde, weder am faszinierenden Schreibstil noch am Thema kann’s gelegen haben, “Die Witwen”, ein Buch, das nett hätte sein können, aber nicht war, weil ich die “Probleme” älterer, gut betuchter Frauen nicht als Probleme empfinde, aber wenigstens konnte die Autorin schreiben, da kann man nichts sagen. Und “Die Drehtür”, welches von mir drei Sterne bekam, weil es ein paar Aussagen hatte, welche nicht krampfhaft untergebracht werden mussten.

Dieses Jahr fehlte es mir irgendwie an der Motivation, mich weiterhin ver… zu lassen, also las ich nur “Schreckliche Gewalten”, das absolut seinem Cover und seinem Titel entsprach, es tat selbst einem wohl gesonnenen Leser nur Gewalt an.

lach Ich tippe mal, nach deinen bisherigen Erfahrungen bist du bestimmt auch schon auf dem Weg zum Buchpreisskeptiker :wink:

Find ich echt respektabel, dass du’s dieses Jahr überhaupt nochmal versucht hast :wink: Ich kann’s auf alle Fälle nachvollziehen, denn so in etwa waren meine Erfahrung mit preisgekrönten Büchern eben auch zu oft, so dass es eben inzwischen bei mir eher das Gegenteil bewirkt - statt dass mich das anzieht im Sinne von “Oh, das Buch hat ja einen Preis bekommen…” denke ich mir eher: “Och nö, das hat ja einen Preis bekommen, das ist bestimmt nix.”

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Das einzige Buch, dem ich einen Preis dieses Jahr gegönnt hätte, schaffte es nicht mal auf die Longlist. “Was man von hier aus sehen kann”. Wenn die Jury also so unvernünftig ist, bin ich eher ein Buchpreisjuryskeptiker. Die Bücher selbst können ja nichts dafür.

Wobei ich ich echt manchmal frage … Ich glaube, man muss sich vorm Schreiben solcher Bücher erst mal eine Tüte einpfeifen. Schon allein die meisten Klappentexte waren dieses Jahr so absurd, dass ich keine anderen Erklärungen finde. :wink:

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lach Stimmt, das trifft’s dann wahrscheinlich eher :wink:

Ich hab nochmal über die Frage nachgedacht, ob man nicht was verpasst, wenn man die Bücher auf den Short- und Longlists ignoriert oder von vornherein ablehnt, die @pizza (glaube ich) aufgeworfen hatte.

Ist es nicht im Grunde so, dass man unabhängig davon sicher sowieso viele gute Bücher verpasst? Zum einen gibt es ja pro Jahr inzwischen Zehntausende Neuerscheinungen, da hat wohl kaum ein Hobbyleser den kompletten Überblick. Zum anderen ist bei mir und auch bei vielen anderen (hab ich zumindest den Eindruck) so, dass man schon so seine Lieblingsgenres hat, und andere auch zum Großteil ignoriert.
Ich lese zum Beispiel extrem wenig Science Fiction (die paar Bücher im Jahr kommen meistens vom Mann meiner Freundin, der trifft sozusagen meine Vorauswahl ;)), reine Liebesromane nach Möglichkeit gar nicht, und um lustige Frauenromane à la Kerstin Gier mache ich genauso einen Bogen wie um die meisten New Adult / Young Adult Bücher (sind mir in der Regel auch zu liebesromanlastig). Da verpasse ich mit Sicherheit auch das ein oder andere Buch, das mir womöglich doch gefallen hätte, obwohl ich das Genre nicht so besonders mag.

Und selbst in den Genres, die ich gerne lese (Histos, Krimis, Thriller, Fantasy), und auch über diverse Verlagsnewsletter versuche auf dem Laufenden zu bleiben, geht mir vermutlich trotzdem der Großteil der Neuerscheinungen komplett durch die Lappen.

Im Grunde ist es doch so, dass man sowieso nicht genug Zeit hat, um alle Bücher zu lesen, die einem eventuell gefallen würden - von daher ist es mir umso wichtiger, meine Zeit nicht mit Büchern zu verschwenden, bei denen ich mir im Vorfeld schon denke: “Näää, das interessiert mich eigentlich gar nicht.”

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Deshalb sag ich, ich verpasse nichts. Ich lese doch “durchgehend”. Da ist keine “Lücke”. Und ich hab das Glück, dass ich selten zu Büchern greife, die mich langweilen oder anöden oder ärgern oder sonstwie Grund für weniger als vier Sterne bieten. Verpassen würde ich doch nur etwas, wenn ich nicht mit meiner eigenen Auswahl zufrieden wäre.

Jeder trifft für sich eine Auswahl. In allem im Leben. Es gibt bestimmt noch ganz viele nette Männer, aber ich verpasse doch nix, weil ich meinen Mann liebe und auch mal mit ihm streiten kann? Wieso also sollte ich bei Büchern etwas verpassen?

Es landen auf den Listen Bücher. Die landen (ich kontrollier das jetzt nicht extra) zumeist nicht bei mir. Woran liegt das? Bestimmt nicht, weil ich sie absichtlich ignoriere. Aber die Themen, die Plots, die Autoren - was auch immer - entsprechen eben nicht meinem Beuteschema.

Wenn ich mir hinterher die “Gewinner” angucke, dann stelle ich immer fest: tja, echt nicht meins.

Also hab ich nichts verpasst. Ich hab auch nie für irgendwelche Typen aus Boygroups geschwärmt (obwohl ich damals in der Zielgruppe war), war nie in einen Lehrer verknallt, würde nie für igendwelche Stars in Ohnmacht fallen.

Mag sein, dass ich dann eben unter der Würde so einiger bin. Oder einfach gestrickt. Oder nicht intellektuell genug. Ich kann damit leben. Vorurteile gibt es so viele, dass es auf dieses auch nicht mehr ankommt.

Aber das heißt ja eben noch lange nicht, dass ich anderen vorschreibe, was sie lesen sollen oder nicht, was sie gut finden sollen oder nicht. Ich spreche immer nur für mich selbst. Ich möchte nicht beeinflusst werden und ich möchte nicht beeinflussen. Ich diskutiere hier nur. Sprich: ich lege meine Meinung dar. Ich zwinge sie niemandem auf.

Vollkommen richtig, wenn du mich fragst. Was die bepreisten Bücher anging, wollte ich zum Beispiel einfach mal über meinen Tellerrand schauen. Irgendwo tief in mir drin steckte anfangs auch noch die Vorstellung, dass ja was dran sein muss, wenn diverse hochbelesene Leute (hoffe ich, nicht dass die durchgehend Steine, Schere, Papier spielen) irgendwas auszeichnen.

Nachdem ich aber diese Bücher las - bin ich jetzt ganz ehrlich -, kann ich nur noch mit Verachtung auf zumindest den Deutschen Buchpreis herabsehen. Meiner Meinung nach ist das völlige Verarsche, man suggeriert, dass diese Bücher etwas Besonderes sind, aber besonders sind sie nur in ihrer Banalität, schlechten Ausdrucksweise und absurden Plots.

So meinte ich das nicht. Eher als ein “auch mal aus seiner Komfortzone herauskommen”. Natürlich kann man nicht alle Bücher lesen und verpasst zwangsläufig viel. Ich glaube nur, dass es wichtig ist, auch mal etwas zu lesen, was man sonst nicht lesen würde.

Der Meinung bin ich aber auch z.B. bei Filmen. Ich finde, gerade wenn man so einen gewohnten Konsum hat und am liebsten Genre X guckt, dann erweitert es einfach sehr den Horizont und auch sein Verständnis für das Medium, wenn man auch mal Filme aus den 60ern guckt, die ganz anders funktionieren, wesentlich langsamer sind, anders aufgebaut, etc. Ich finde auch, dass man mal speziell zu Autoren verschiedenen Geschlechts und verschiedener Herkunft greifen sollte. Ich finde nicht, dass das Zeitverschwendung ist, sich mit soetwas auseinanderzusetzen.

Gerade solche Diskussionen find ich aber spannend! Man liest ein Buch und erwartet etwas, entdeckt aber, dass es total banal ist. Das fordert mich viel mehr als den x-ten Jugendroman zu lesen und ich ziehe eine viel größere Befriedigung daraus. Natürlich ist das schöner, wenn einem ein Buch gefällt, aber ich versuche dann eben, eine Balance aus Unterhaltung und kritischer Auseinandersetzung zu finden.

Das eine schließt doch das andere gar nicht aus.

Auch wenn ich nicht gezielt preisgekrönte Bücher lese, heißt das noch lange nicht, dass ich in einem einzigen Genre feststecke, nur bestimmte Autoren lese, nicht mal experimentiere. Im Gegenteil - ich persönlich mach das sehr wohl. Wäre ja auch zu langweilig, immer nur Schema F. Nur brauche ich dazu keinen Anstoß von irgendwelchen Preisen oder Listen. Ich mach das, weil ich es machen möchte.

Hm. Mich frustet sowas. Ich möchte meine wenige Zeit, die ich habe, nicht mit etwas verschwenden, das mir nicht gefällt.

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Du ziehst Befriedigung aus einem miesen Buch? Preisgekrönt oder nicht, ich erwarte, dass mich Autor und/oder Verlag ernst nehmen als Leser. Bei fast allen Büchern kam ich mir vor, als lauerte irgendwo eine versteckte Kamera, um mein ungläubiges Gesicht aufzunehmen.

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Das erwarte ich auch. Ich will dir nicht unterstellen, dass du das machst, allerdings denke ich nicht sofort, dass Autor und/oder Verlag mich veräppeln wollen oder ihre LeserInnen nicht ernst nehmen, nur weil mir ein Buch nicht gefallen hat. Da müsste ich ja auch bei fast allen Liebesromanen beleidigt sein. Aber was du banal findest, kann mich ja auch durchaus ansprechen.

Und ja, ich ziehe durchaus Befriedigung daraus, bei einem - meinetwegen gefeierten - Buch zu sagen “Das und das hat mir nicht gefallen, weil… und ich kann nicht verstehen, warum…”. Das ist für mich einfach kritische Auseinandersetzung und das versuche ich auch (manchmal jedoch etwas abgemildert) bei Büchern zu tun, die ich einfach nur aus Spaß an der Freude lese und bei denen ich keine Erwartungen habe, dass sie mich intellektuell oder persönlich irgendwie fordern. Es gibt aber durchaus Bücher, die lese ich einfach nur so und bin da sehr unkritisch. Ich versuche da mittlerweile einfach eine Balance zu finden.

Ich möchte übrigens auch gar nicht alle preisgekrönten Bücher generell verteidigen, ich hoffe, das ist allen bewusst. Ich finde solche Listen einfach nur interessant. Aber bevor ich hier noch wieder als elitärer Snob hingestellt werde, wollte ich das noch mal klarstellen.