Rassismus in Kinderbüchern

Hallo Community,

ich bin ein großer Fan der Geschichten von Astrid Lindgren und möchte diese natürlich auch meinen Kindern vorlesen. Zwei meiner alten Bücher passen derzeit für das Alter der Kinder. Nun ist das Problem, die sind rassistisch und ich kann das so nicht vorlesen.
Den N**** Sklaven habe ich ohne n gesagt. Dann habe ich mit den Kindern darüber geredet, was Sklaven waren und so weiter. Guter Anlass für ein Gespräch. Trotzdem bereitet mir die Geschichte Unbehagen.

Nun das nächste Buch von ihr gestartet und es werden in einer Geschichte alle Vorurteile zum Thema Zigeuner gebracht. Das musste ich abbrechen, weil ich das auch nicht umerzählen konnte.

Was würdet ihr tun? Die Bücher neu kaufen? Die Seiten rausreißen von solchen Geschichten? Die Bücher von ihr komplett verbannen?
Ich muss dazu sagen, dass mir das Thema sehr wichtig ist. Ich möchte meinen Kindern gleich beibringen, dass so etwas überhaupt nicht geht. Und ich möchte es auch nicht reproduzieren. Einmalig für ein Gespräch okay, aber dann möchte ich solche Geschichten nicht mehr lesen. Ich habe mich beispielsweise schon eingehend mit dem Thema Antiziganismus in unserer Literatur beschäftigt. Leider findet sich davon viel in unseren Büchern.

Schau Mal beim Institut für Situationsansatz. Vorurteilsbewusste Erziehung.
Die haben Positivliste von Spielzeug und Kinderbüchern, die eben divers sind.

Wir haben auch alte Lindgrens und lesen die Geschichte ohne das N Wort. Andere Sachverhalte werden manchmal erklärt. Vorm schlafen gehen ist es manchmal einfach die falsche Zeit. Wir setzen einfach viele andere Geschichten dagegen an…also gucken nach guten Kinderbüchern und hoffen, dass die und unsere Erklärungen dann zu einem kritischen Bewusstsein führen.
Die Bücher von zb Lindgren gehören zur Kultur und spiegeln einfach auch gesellschaftliche Entwicklung wieder. Das wird dabei ja auch transportiert.

Genauso schauen wir bei Puppen, Lego usw dass es nicht nur rein weisse Stereotype gibt. Lego Friends ist da super, da die Mädchen divers sind. Playmobil gibt es zb mit Kind im Rollstuhl.

An tollen Kinderbücher fällt mir dann ein
Tafiti
Elmo der Elefant

Es gibt schon viele tolle Kinderbücher, wo das Problem nicht auftritt. Wahrscheinlich ist es falsch, dass man Bücher aus der eigenen Kindheit vorliest.

Ich finde gerade diese Bücher wichtig und gut. Die Kinder werden früher oder später auf Wörter wie Zigeuner und Neger treffen. Man kann sie nicht ein Leben lang davon abschirmen.

Da ist es wichtig, ihnen schon “beim ersten Kontakt” klarzumachen, dass das nicht okay ist. Vor dem Vorlesen auf das, was gleich kommt und nicht richtig ist, eingehen und es erklären. Dann vorlesen und hinterher noch mal “abfragen”, was falsch war und was sie aus der Geschichte mitnehmen und gelernt haben.

So erinnern sie sich positiv daran, dass diese Wörter und vor allem aber die BEHANDLUNG der Leute, die Vorurteile, die Klischees so nicht richtig sind. Etwas verbieten ist der falsche Weg. Kinder sind nicht blöd. Man muss ihnen erklären, wieso man etwas von ihnen erwartet oder ihnen untersagt. Sie sind lernbegierig, lernfähig, lernwillig und saugen solche Informationen auf, wie trockene Schwämme.

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Kleine Anekdote aus meiner Kindheit:
Wir hatten sogar im Kindergarten (und zu meiner Zeit war der sehr mager bestückt) Negerpuppen. JA, stopp, nicht sofort aufregen, weiterlesen.
Damals sagte man zu Farbigen eben noch Neger. Und nicht als Schimpfwort, sondern das war die gängige Bezeichnung. Als ich dann in der weiterführenden Schule war, wurde daraus “Farbiger”, weil “Neger” zu sehr “Nigger” ähnelte, dem Schimpfwort der Amerikaner für Farbige. Das war sozusagen der erste Schritt zu political correctness und seither wurde da zigmal dran gefeilt. Wir lernen: Sprache ist zu jeder Zeit anders, aber das darf dann HEUTE nicht heißen, dass das DAMALS schlecht war.
Zurück zur Puppe: Wir alle liebten sie! Sie war niemals ein Zeichen für etwas Negatives, wurde nie anders als andere Puppen behandelt - wir liebten sie von ganzem Herzen.
Auch damals gab es das.

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Aber bei der Zigeuner Geschichte ist alles schrecklich. Vorurteile, Lügen, behaupten die Mutter sei tot. Ich sehe da keinen Sinn für Kinder.

Das ist doch schon Sinn genug: Vorurteile, Lügen, Kindern Angst machen mit all diesen Sachen.

Da ist der Lerneffekt: Das macht man nicht.

Kannst Du Dich daran zurückerinnern, als Du diese Geschichte das erste mal gelesen hast oder vorgelesen bekamst? Was waren Deine Gedanken und Gefühle?

Ich finde es nicht sinnvoll das Narrativ über Zigeuner zu reproduzieren.

Ich kann mich an diese Geschichte nicht erinnern. Aber die Geschichte mit dem Sklaven kannte ich noch. Bei uns wurde das nicht thematisiert. Meine Kinder finden die Geschichte lustig und hören sie gern. So war es bei mir auch.

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Vielleicht ist das dann wirklich ein Buch, welches man nicht mehr lesen sollte? Magst du sagen welches es ist?
Astrid Lindgren ist einfach nur in ihrer Zeit und da geht es ja um andere Themen die wichtig sind.

Wir hatten jetzt die kleine Hexe von Preußler. Da wird die kleine Hexe verkloppt und da kam dann die Diskussion mit dem Kind auf, dass man nicht schlägt.

Du gehst dann also davon aus, dass sie nie mit dem Schimpfwort konfrontiert werden? Das halte ich für sehr blauäugig.

Es ist das Buch Märchen von ihr. Bis jetzt haben wir zwei Geschichten davon gelesen und beide gingen für mich gar nicht.

Wenn die gängigen Vorurteile reproduziert werden würde ich es lassen. Schade, aber es gibt genug Bücher auf der Welt.

Ich hatte ein ähnliches Erlebnis mit “Der kleine Wassermann” von Ottfried Preussler. Da kommen auch Zigeuner vor, aber vor allem wird es selbstverständlich genommen, dass das Kind übers Knie gelegt oder geohrfeigt wird. Und dazu noch das Rollenbild Mann/Frau, das auch nicht zeitgemäss ist.

Ich finde es toll, dass es uns beim Vorlesen stört. Das ist ein Beweis, dasswir uns im Denken zu damals weiterentwickelt haben.

Meinen Kinder lese ich meistens neue Kinderbücher vor, die auch zeitgemässer sind. Und es gibt wirklich tolle.
Wenn ein Klassiker mal dazwischen ist, dann versuche ich es zu erklären bzw. meine Kinder aufzuklären. Das geht aber auch erst ab einem gewissen Alter.

An den alten Kinderbüchern würde ich nichts verändern, wie Seiten herausreissen. Höchstens vielleicht beim Vorlesen die Situation abdämpfen, wie z.B. das N-Wort nicht benutzen o.ä.

Klassiker müsste man dann ja auch verdammen. Man denke nur mal an Othello.

Die Kinder aus der Krachmacherstraße werden mittlerweile ja ohne die n Geschichte gedruckt. Und die überspringe ich jetzt einfach beim Vorlesen.
Aber die Märchen werde ich dann wohl schweren Herzens aussortieren.

Oha
Da frage ich mich wie wir mit Märchen von Grimm und halt auch Pipi Langstrumpf etc. schadlos groß geworden sind. Nur wenn man Bezeichnungen ändert (und irgendwie wird man die Menschen immer bezeichnen) ändert sich etwas? Entweder versteht das Kind/der Mensch, das andere Menschen anders aussehen und sie nicht über einen Kamm geschert werden sollten, oder nicht.
Wir werden in anderen Teilen der Welt auch entsprechend tituliert…

https://www.zeit.de/zett/2022-02/schwarze-geschichte-deutschland-black-history-month

Interessanter Artikel. War mir zum Teil unbekannt.

Und doch die Worte, Sprache und Weitererzählung von Vorurteilen prägt die nächste Generation. Gut, dass wir da weiter sind. Sonst wäre Kinder schlagen heute noch erlaubt.
Und nur weil andere etwas unerwünschtes tun ist das keine Rechtfertigung dafür sich selbst unerwünscht zunehmen.

Der Kleine Wassermann haben wir auch vorgelesen. Das war zumeist okay, nur eben manches müsste erklärt werden.

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Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kinder aufrgrund von Geschichten wie Pipi Langstumpf etc. in irgendeiner Form rassistisch werden. Ich würde mich nicht als rassistisch bezeichnen, es kommt halt auf jeden Menschen an. Oft werden Vorurteile bedient, auch von uns. Und man kann Kinder entsprechend erziehen, ohne alles mögliche an Geschichten zu verbannen. Mein Sohn arbeitet weltweit mit Leuten zusammen und auch dort kommt es auf den Einzelnen an und nicht ob der aus Indien oder Schweden kommt…
Wir lesen doch auch diverse Romane, Geschichten und wenn ich dann einen Menschen nicht mehr beschreiben darf, weil er eine dunklere Hautfarbe hat komme ich mir schon etwas komisch vor. Ich bin ja auch weiß. Ich denke, unsere Sprache verändert sich auch ohne solche Extreme. Und ja, ich mag auch Gendern nicht, einfach weil es in Extremform den Wortfluss unterbricht.

Dann empfehle ich dir dieses Buch über Antiziganismus. Da wird sehr genau auf die Literatur eingegangen und warum diese die Vorurteile über Generationen weiter gibt:

Ich empfand das als sehr interessant. Denn einige der genannten Werke wie lieder werden halt doch häufig gesungen und dann braucht man sich nicht wundern, dass viele Sinti und Roma ihre Herkunft verheimlichen.

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Heute morgen ist mir wieder ein Buch in die Hände gefallen, wo mich etwas störte. Mein Sohn sieht sich gerne Comics an. Bis jetzt meistens Gaston. Jetzt hat mein Mann ihm seine Lucky Luke gegeben und da werden Schwarze rassistisch dargestellt. Allerdings werde ich da jetzt erstmal nichts machen.

Ich finde es aber sehr spannend, dass sie Meinungen so unterschiedlich sind. Das erinnert mich an die Diskussion mit meiner Mutter zum Struwwelpeter. Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich es nicht vorlese.